Fatamorgana
Fr. 6.7.2001

Heute sind der Till und ich zu unseren Probekoerpern, die wir Specimen nennen, gefahren um sie fuer das Anschliessen an das Messgeraet zu praeparieren. Wir wollen ja die Dehnungsverteilung in der Klebefuge messen und haben dafuer pro Klebefuge zehn Messstreifen aufgeklebt. Bei zwei Enden pro Lamelle und zwei Lamellen pro Specimen macht das also 40 Messtreifen (das Stueck, wie gesagt, zu 13 Franken = rund DM 16,50) pro Probekoerper.
Bei zwei Anschlussdraehtchen pro Messtreifen macht das dann 80 Kabelenden, die angeloetet werden muessen und wenn man direkt zweiaderiges Kabel nehmen kann auch rund 80m Kabel pro Specimen, von denen wir insgesamt 12 Stueck haben. Wenn man da also wirklich vorarbeiten will braucht man eine ganze Menge Kabel. Oder man muss die Kabel wiederverwenden und hat dann die Loetarbeit wenn man eigentlich an der Maschine arbeiten will.
Also haben wir uns ein modulares System ausgedacht, mit dem wir echte Vorarbeit leisten koennen ohne massenhaft Material zu verbraten. Allerdings verletzt diese Vorgehensweise natuerlich die drei Hauptaxiome der Werkstattarbeit:

  1. Das haben wir schon immer so gemacht!
  2. Das wird schon seinen Grund haben, warum das so gemacht wird!
  3. Da koennte ja jeder kommen!
Unsere Idee ist, dass wir mit 50poligen SCSI Kabeln arbeiten, von denen wir je einen Stecker mit Kabel auf jede Seiter eines Spezimen anordnen und zu den beiden Enden Aufteilen. An diesen antiquierten TT-Bloecken (so alte Kisten wo man frueher Telefondraehte drangeloetet hat) machen wir das gleiche, wobei immer zwei Bloecke auf einen Stecker kommen. Und Verbinden tun wir das ganze dann mit einem drei Meter langen Verbindungskabel. Das entspricht natuelich nichtmehr den SCSI Spezifikationen aber wir wollen ja auch keine Festplatten anschliessen sondern nur unsere lowlevel Messimpulse uebertragen.
Jetzt sind wir den ganzen Vormittag durch Lausanne gefahren auf der Suche nach maennlichen Gegenstuecken zu den SCSI-Steckern. Und meine Fresse bis die Leute raffen, was man von ihnen will. Als ob das so schwer ist! Dann haben wir beim Mediamarkt was gefunden, was im Prinzip funktioniert aber eben noch einiges an Loetarbeit bedeutet. Fein. Und als wir wieder im Buero waren faellt unser Blick auf einen Katalog, der da so rumliegt mit lauter so Zeug drin. Da haben die auch genau das, was wir brauchen - mit 24 Stunden Liefersevice.
Wir also dort nochmal angerufen aber am Freitag Nachmittag um 4 war in der technischen Beratungsabteilung niemand mehr da. Also habt der Till noch bei diesem voellig ueberteuerten Haus- und Hoflieferanten der EPFL angerufen ob die sowas auch haben und jetzt fertigen die uns die Kabel per Hand das Stueck fuer 50 Franken, vier mal.
Also ich weiss ja nicht. Ich glaube ich haette das gewusst, wenn bei mir auf dem Schreibtisch ein Katalog vom Conrad Electronik Aequivalent liegt. Dann haetten wir uns die Rennerei durch Lausanne gestern sparen koennen. Und ob die uns die Kabel jetzt fuer 200 Franken am Montag liefern oder ob ich die erst am Monatg fuer 100 bei dem Versand bestellen kann und sie am Dienstag dran sind, das macht doch keinen Unterschied. Wir brauchen die eh erst am 16.
Aber dafuer liebt der Till erklaertermassen das Chaos viel zu sehr um durch ruhiges Ueberlegen die Loesung zu finden.
Ich find's, wenn sonst nix, interessant auf diese Weise auch mehr ueber mich herauszufinden und mir klarer ueber meine eigenen Ansichten und Vorgehensweisen zu werden.
Naechste Woche ist der Till im Urlaub. Das heisst, ich werd mich allein in der Halle vergnuegen koennen und die Specimen verdrahten koennen. Mal sehen. Vielleicht besorg ich mir ja auch von irgendwoher einen Loetkolben und schaff die ganzen Dinger so mir und mach das daheim. Oder am Institut. Denn so super bequem ist das da stehenderweise in der Halle auch nicht...

Was ich gestern ueber meinen Frust hin garnicht erwaehnt hatte:
Hier in dem Park bei mir vor der Haustuer haben sie gestern so ein Fest fuer Kinder gemacht. Also da sind sie echt fit drin, die Schweizer. Und die Stadt laesst sich da auch nicht lumpen und buttert ordentlich Geld rein. Da haben sie zwei Tage lang Karusells und so auf der Wiese aufgebaut, eingeaeunt und Kabel verlegt, dieses und jenes gemacht. Gesten Nachmittag waren dann bestimmt ein paar tausend Kids und nochmal ein paar hundert Eltern hier im Park. Riesen Raddau und ein Gewusel, das sich gewaschen hat. So richtig mit Animation und verkleiden, schminken und Spielchen und T-Shirts fuer alle und so. Den ganzen Nachmittag ging das. Abends sah's auf, als haette eine Bombe eingeschlagen. - Nur ohne Kinderleichen und die ueblichen randspuren nach so einem Bombeneinschlag.
Und bis ich nahts vom Institut wieder kam war shon wieder alles zusammengekehrt, das letzte der 15 Fahrgeschaefte wurde noch abgebaut und als ich heut morge aus dem Haus kam standen schon wieder die Tore zum Fussballspielen da und nichts hat mehr an den Spuk von gestern erinnert. Wie eine Fatamorgana.
Eigenartig: Als ich hie ankam war unten am See vier Wochen lang Messplatz aufgebaut. Und jeden Abend ging's da rund. Und bei der Sache fuer die Kinder da war das ein Tag und das war's. Ich hatte ja gedaht, das sei fuer die Fete de la Cite, die dieses Wochenende anfaengt und die ganze Woche ueber geht. Aber nein. Nur fuer den einen Nachmittag und dann wieder weg damit!


Kommentare zum Bericht einfach ins Gästebuch

Site Meter