Nur spielen
Das war wieder typisch!
Gerade war ich aus lauter Langeweile einmal den Untermainkai runter spazieren
bis zum Eisernen Steg und dann das Museumsufer wieder zurück. Irgendwann auf
dem Rückweg fing es leicht zu tröpfeln an, was sich zwischen
Schürmannsteg und Friedensbrücke zu einem ordentlichen Regenguss entwickelte.
Und weil ich auf den letzten 200m dann nicht noch komplett durchgeweicht werden
wollte hab ich mich einfach bei der Brücke untergestellt und den Regen abgewartet.
In etwa zeitgleich mit mir kam auch ein Ehepaar mit einem Hund, die sich ebenfalls
unterstellten wenngeleich auch in einiger Entfernung am anderen Ende, wo der
Weg wieder unter der Brücke vorkommt.
Nach kurzer Zeit kam noch eine Mutter mit einem kleinen Kind hinzu, wobei die
beiden schon ganz gut was abbekommen hatten. Die Mutter schleifte mit
dem einen Arm ein Kinderfahrrädchen die Treppe hinunter, unter dem anderen
trug sie einen Fussball. Das Kind mühte sich immer eine Stufe einzeln die
Treppe runter, wobei ihm der Regen nicht viel auszumachen schien.
Irgendwann bekam dann das Kind von der Mutter seinen Helm abgenommen und den
Ball um bisschen zu kicken. Das fand der Hund aber auch eine Super idee und
rannte auch gleich nach dem ersten Tritt dem Ball hinterher.
Jetzt sind manche Hunde ja so abgerichtet oder dressiert oder wie auch immer
man das nennen will, dass sie einem das Stöckchen zurück bringen und
vor die Füße legen damit man es wieder werfen kann und sie es wieder holen
können. Andere Hunde rennen aber auch nur zum Stock hin, nehmen das Ding dann
ins Maul und kauen munter drauf rum. Und wenn man ihnen dann zu nahe kommt und
am Ende auch noch Anstalten macht, ihnen ihr Stöckchen wieder abzunehmen
fletschen sie die Zähne und fangen an zu knurren.
Dieser Hund war eher einer von denen, die dem Stöckchen (in diesem Fall dem
Ball) hinterherrennen und dann drauf rumkauen und die Zähne fletschen und
knurren, wenn man ihnen zu nahe kommt.
Das Kind stand jetzt ein wenig ratlos daneben. Auf der einen Seite hätte es ja
sogar ganz gern bisschen mit dem Hund gekickt. Auf der anderen Seite fand es
das auch nicht so gut, dass der Gautz immer anfing zu bellen wie blöd wenn man
nur einen Schritt auf ihn und den Ball zumachte.
Das Besitzerehepaar fand das ganze scheibar eher amüsant und die Mutter stand
recht unbeteiligt nebendran. Vermutlich am Hadern wie sie den Ball und ihr Kind
wieder bekäme ohne dem hundebesitzenden Paar unhöflich gegenüber zu werden.
Und Hunde, die bellen beissen ja bekanntlich nicht.
Um die Pattsituation zu lösen schwenkten das Frauchen die Leine. Aber welcher
Hund findet denn eine geschwenkte Leine toll, wenn er auf einem Fußball rumkauen,
Zähne fletschen und bellen kann?!? Also ging das Frauchen zu ihrem Hunde
und postierte sich hockend neben ihm und dem Kind. Dann nahm sie den Ball
und rollte ihn wieder zu dem Kind rüber, das schon die Arme Richtung Ball
ausstreckte. Nur: Was macht einer von den Hunden, die gerne knurrend und zähnefletschend
auf Wurfstöcken rumkauen, wenn man ihnen ihren Stock abgenommen hat und ihn einem
kleinen Kind in die Hand gedrückt hat? - Eben!
Jetzt sah sich das Herrchen berufen etwas zu unternehmen. Die Mutter immer noch
höflich darauf bedacht die besitzenden Hunder in keine peinliche Situation zu
bringen. Das Hundeherrchen ging also zu seinem Hundefrauchen, dem Kind und
dem ballkauenden, zähnefletschenden Beller, nahm ihn am Halsband und fing an
mit Dudufinger zu erklären, dass man Kindern den Ball nicht wegnehmen und knurren
und bellen dürfe. Der Hund war davon offenbar so irritiert wie ich denn er
ließ sich den Ball tatsächlich abnehmen und rannte wieder freigelassen sogar
in die andere Richtung davon. Zu dem Kind, das nun endlich seinen Ball wieder
hatte meinte er dann erklärend Der tut nichts! Der will nur spielen!
Das Kind offenbar auch und trat wieder nach seinem Ball. Einen Augenschlag später
stürmte der Hund wieder los dankbar dafür, dass die von Herrchen verordnete
Ballspielzeitstrafen offensichtlich vorüber war und stürzte sich mit mehr
Enthusiasmus denn je auf den Ball. Kurz darauf hallte ein Knall einem platzenden
Luftballon ähnlich, unter der Brücke wieder. Nach kurzer Stille mischte sich
in das betretene Schweigen zweier Hundbesitzer und einer Mutter, die dieses
höfliche Paar jetzt doch in eine peinliche Situation gebracht hatte, das
heulen eines Kindes auf der einen Seite des Brückenüberhangs und lauthalses
Lachen auf der anderen Seite.
Jetzt versteht mich bitte nict falsch. Das Kind tat mir echt leid. War zwar
nur ein oller Gummiball, aber wenn man ein halbes Jahr Taschengeld sparen muss
(wenn man überhaupt schon Taschengeld bekommt) oder sowas zum Geburtstag bekommt
oder vielleicht als Geschenk für den Sommerurlaub, der diesmal an so einem
Kiesstrand an der Ostsee ist und nicht am Mittelmeer weil Papa sich gerade ein
tolleres Auto gekauft hat uns jetzt eben ein bisschen kürzer getreten werden
muss, dann können einem schon die Tränen kommen. Vor allem, weil man selbst
richtig geschimpft bekam als man letztens ebenfalls beim Spielen Mamas Stricknadeln
verbogen hat. Sowas darf man nicht. Auch beim Spielen darf man keine
Sachen von anderen kaputt machen! Tja nur für so dahergelaufene Köter gilt das wieder
nicht! Die dürfen munter überall rumtoben, kleine Kinder anbellen und die Zähne
fletschen Bälle zerbeissen oder das Blumenbeet zertrampeln. Hundebesitzer meinen
da irgendwie immer für ihre Töhle gälten da andere Regeln und die anderen Leute
sollten sich da mal nicht so haben. Schließlich ist das ja ein Hund und der
rennt halt bisschen rum und macht so Sachen, die Hunde halt so machen. Aber
die Kinder sollen die Eltern gefälligst an die Hand nehmen!
Naja, und um die Situation in die die Mutter das höfliche Ehepaar mit dem
Hund gerade gebracht hatte durch mein Gelächter nicht noch peinlicher zu machen
und weil mir das Kind echt leid tat und ich nicht wollte, dass sich meine
Freude darüber eine Story für J's World zu haben dann doch noch
in geteiltes Leid mit dem Kind wandelt, bin ich dann doch noch durch den
nachwievor ströhmenden Regen nach Hause gejoggt. Nach den 200m kam ich dann
total durchgeweicht hier an, aber immerhin hab ich doch noch was erlebt und
mich nicht nur den ganzen Tag vor dem Fernseher gelangweilt.